Patienten mit Leisten- und Bauchwandbrüchen haben in Hamburg die Möglichkeit, sich von international führenden Spezialisten behandeln zu lassen. Doch wer diese im neuen „Bundes-Klinik-Atlas“ sucht, wird nicht fündig. Denn hier geht es nur um die reinen Zahlen der Krankenhäuser, nicht um die entscheidende Erfahrung der operierenden Ärzte.
Bundes-Klinik-Atlas:
Zahlen im Fokus – Ärztliche Expertise im Schatten
Fünf Millionen Klicks in den ersten drei Stunden: Die Zugriffe auf den neuen „Bundes-Klinik-Atlas“ sprechen für sich. Patienten wünschen sich bei der Auswahl einer geeigneten Klinik mehr Orientierung und Transparenz. Das neue Recherche-Tool, verankert im Krankenhaustransparenzgesetz, soll helfen. Derzeit gibt es Auskunft über die Fallzahlen bestimmter Krankheitsbilder bzw. die Häufigkeit konkreter Behandlungen sowie zur Pflegepersonalsituation der einzelnen Krankenhäuser.
Die Fall- und Behandlungszahlen sollen die Erfahrung eines Hauses veranschaulichen, um Patienten besonders spezialisierte Einrichtungen für ihre Erkrankung aufzuzeigen. Denn: „Spezialisierung rettet Menschenleben“, so Bundesgesundheitsminister Lauterbach.
Hamburger Hernien Centrum: Deutschlandweit vorn – im Bundes-Klinik-Atlas unberücksichtigt
Ein paar Klicks für Hamburg zeigen jedoch: Neue bzw. alternative Versorgungsmodelle werden hier nicht berücksichtigt. Ein Beispiel ist das Hamburger Hernien Centrum – ein Netzwerk voll auf die Behandlung von Leisten- und Bauchwandbrüchen spezialisierter Chirurgen. Hintergrund: 2021 schlossen sich die Hamburger Hernien-Experten Prof. Henning Niebuhr und Dr. Wolfgang Reinpold mit ihren zwei Oberärzten zusammen. Im gemeinsamen Hernienzentrum wurden die Erfahrungen und Kompetenzen aus jahrzehntelanger Spezialisierung und mehr als 30.000 Hernien-OPs gebündelt. Mit ihrem mittlerweile sechsköpfigen Ärzte-Team erreichen die Hamburger Chirurgen heute jährliche OP-Zahlen wie kaum eine Klinik in Deutschland.
Doch diese bleiben im „Bundes Klinik Atlas“ unberücksichtigt. Denn: Die Eingriffe werden an insgesamt fünf Kliniken verschiedener Größe durchgeführt. Wo ein Patient operiert wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Darunter Wohnortnähe und Terminverfügbarkeit, aber auch Art und Komplexität der Hernie sowie Begleitumstände des Patienten. So kann ein unkomplizierter Leistenbruch gut in kleinen Kliniken ohne spezielle Ausstattung bzw. Medizintechnik versorgt werden. Patienten mit großen, komplexen Hernien oder besonderen Risiken werden dagegen in Häusern operiert, die zur Sicherheit eine Intensivstation vorhalten.
„Fallzahlen nur die halbe Wahrheit“: Erfahrung der Operateure entscheidend
Grundsätzlich stimmen Dr. Reinpold und Prof. Niebuhr dem Gesundheitsminister zu: Hohe Patienten- bzw. Operationszahlen seien entscheidend für die medizinische Qualität. Nur komme es den Experten zufolge noch mehr auf die Erfahrung der operierenden Ärzte an, als auf die Häufigkeit eines Eingriffs in einer einzelnen Klinik.
Gemäß „Bundes-Klinik-Atlas“ sind in Hamburg beispielsweise Häuser mit rund 600 Leistenbruch-Operationen oder knapp 100 Narbenbruch-Operationen pro Jahr im Bereich Hernienchirurgie führend. Auch größere Partner-Kliniken des Hamburger Hernien Centrums ranken hier weit vorn. Insgesamt aber kamen Niebuhr, Reinpold und Team im Erhebungszeitraum (2022) allein auf 973 Leistenbrüche und 280 Narbenbrüche – Zahlen, die auch bundesweit nur in Einzelfällen erreicht werden. Und ihre nicht nur in Hamburg, sondern auch international einmalige Erfahrung bringen die Chirurgen immer mit – unabhängig davon, ob sie ihre Patienten in einem großen oder vergleichsweise kleinen Haus versorgen. „Die reinen Fallzahlen sind also nur die halbe Wahrheit und es wäre falsch, wenn unsere kleineren Partner-Kliniken deswegen als weniger gut bzw. spezialisiert wahrgenommen würden. Denn unsere Expertise bleibt die gleiche, egal, wo wir operieren“, so Dr. Wolfgang Reinpold.
Wichtige Ergänzung: Komplikationsraten machen den Unterschied
Demnächst soll der „Bundes-Klinik-Atlas“ aktualisiert werden und unter anderem auch Zahlen zu Komplikationen veröffentlichen. Aus Sicht der Hernien-Experten ist das eine entscheidende Ergänzung. Denn: Obwohl Hernien-OPs als Routineeingriffe gelten und laut Klinik-Atlas in mehr als 1.100 von insgesamt 1.700 Krankenhäusern durchgeführt werden, unterscheiden sich die Komplikationsraten deutschlandweit deutlich. Die eigenen, in der Qualitätssicherungsstudie „Herniamed“ dokumentierten Zahlen – etwa zu Wiederholungsbrüchen oder postoperativen Schmerzen – legt das Hamburger Hernien Centrum auf der eigenen Website offen.
Patienten sollten genauer hinschauen
„Wir sind große Befürworter von Transparenz im Gesundheitswesen. Und gerade deshalb raten wir dazu, sich nicht allein auf den „Bundes-Klinik-Atlas“ zu verlassen, sondern weiter zu recherchieren. Schauen Sie nicht nur, wo Sie gut versorgt werden, sondern wer sie versorgt. Informieren Sie sich über die Erfahrung Ihres Operateurs und seine Behandlungsergebnisse und trauen Sie sich, im Zweifelsfall persönlich nachzufragen“, ermutigt Prof. Niebuhr Patienten, denen eine planbare OP bevorsteht.