Im Hamburger Hernien Centrum (HHC) werden jährlich 3.000 Patienten mit Leisten- und Bauchwandbrüchen von einem international führenden Experten-Team versorgt – darunter auch viele Golfer. Doch handelt es sich bei Hernien um typische Sport- bzw. Golfverletzungen? Darf man mit einem Bauchwandbruch noch auf den Platz? Warum ist eine OP ratsam? Die Chefärzte Dr. Wolfgang Reinpold und Prof. Henning Niebuhr klären auf.
Ihr Centrum in Hamburg
Experten-Interview: Hernien und Sport – was Golfer wissen sollten
Was sind Hernien und wie erkennt man sie?
Professor Niebuhr: Als Hernien bezeichnen wir alle Arten von Bauchwandbrüchen – also Löcher bzw. Risse, die an verschiedenen Stellen der Bauchwand auftreten können. Besonders weit verbreitet und bekannt ist der Leistenbruch. Häufige Varianten sind aber auch der Nabelbruch, der Narbenbruch oder der Oberbauchbruch.
Dr Reinpold: Das Wort Hernie stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Knospe“. Diese Bezeichnung weist auch schon auf das typische Symptom eines Bauchwandbruchs hin: Hernien zeigen sich sehr häufig in Form einer Vorwölbung an der betroffenen Stelle. Diese kann anfangs noch sehr klein sein, in extremen Fällen aber auch riesige Ausmaße annehmen.
Golf geht auf die Bauchmuskeln: Besteht für Golfer damit ein überdurchschnittliches Risiko, an einer Hernie zu erkranken?
Dr Reinpold: Grundsätzlich nein. Auch wenn viele beim Wort Bruch an gebrochene Knochen und damit an einen Unfall denken, verhält es sich bei Hernien ganz anders. Die Brüche entstehen an natürlichen Schwachstellen der Bauchwand, in der Regel bedingt durch eine angeborene Bindegewebsschwäche. Wir sprechen hier also von einem schleichenden Prozess statt einer plötzlichen Verletzung.
Professor Niebuhr: Möglich ist jedoch, dass eine Hernie bei sehr starker Belastung weiter aufreißt und sich dann erst bemerkbar macht. Das passiert aber eher bei sehr starker Beanspruchung, beispielsweise durch Gewichtheben, extremes Bauchmuskeltraining oder auch in Folge gesundheitlicher Begleitumstände wie etwa chronischem Husten oder Verdauungsproblemen. Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Golfsport und der Entstehung einer Hernie ist also unwahrscheinlich.
Dennoch versorgen wir im Hamburger Hernien Centrum nicht wenige Golfer. Das liegt aber eher daran, dass Hernien generell sehr weit verbreitet sind. Jeder vierte Mann ist im Laufe des Lebens betroffen, bei Frauen sind es zwei von 100.
Dr. Reinpold: Hinzu kommt, dass Bauchwandbrüche vorwiegend im mittleren bis höheren Lebensalter auftreten und die Mehrheit der Golfer sich laut Statistik in ihren Fünfzigern und aufwärts befinden. Ein weiterer Punkt: Golfspieler sind nach unserer Erfahrung sehr gesundheitsbewusste Menschen mit hohen Ansprüchen an die medizinische Versorgung sowie den Komfort während eines Krankenhausaufenthalts. Und das sind ohne Frage Faktoren, die wir Ihnen als hochspezialisiertes Experten-Team in Kooperation mit sehr gut ausgestatteten Partnerkliniken an mehreren Standorten in Hamburg bieten.
Golfspielen ist in der Regel auch mit einer Hernie möglich. Dennoch sollte ein Leisten- oder Bauchwandbruch nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Sprechen wiederkehrende Leistenschmerzen beim Golfspielen aber für einen Leistenbruch?
Dr Reinpold: Das ist ebenfalls unwahrscheinlich. Eine Hernie geht nur sehr selten mit starken, dauerhaften Schmerzen einher. Das gilt auch für den Leistenbruch. Die meisten Patienten berichten eher von einem leichten Druckgefühl oder Ziehen in der Leistenregion, dazu fast immer die bereits erwähnte Vorwölbung.
Professor Niebuhr: Bei Leistenschmerzen sind orthopädische, urologische, gynäkologische oder auch neurologische Ursachen wahrscheinlicher als ein Leistenbruch. Wir arbeiten daher eng mit anderen Fachexperten zusammen – unter anderem im Rahmen des Hamburger Netzwerkes Leistenschmerz. Gemeinsam und durch einen guten Kommunikationsfluss wollen wir Patienten aufwendige Doppeluntersuchungen und lange Odysseen von Arzt zu Arzt ersparen.
Was hat es aber mit der Sportlerhernie auf sich? Diese wird im Netz häufig mit Golfsport in Zusammenhang gebracht.
Professor Niebuhr: Der Begriff Sportlerhernie ist irreführend. Gemeint ist hier, was wir Sportlerleiste oder auch weiche Leiste nennen. In diesem Fall liegt kein „echter“ Bruch mit Bruchlücke und Bruchsack vor, sondern eine relative Schwäche der inneren Faszie. Diese kann zu einer Vorwölbung der gesunden Faszie führen, was viele an einen Leistenbruch erinnert. Die Sportlerleiste kommt vor allem bei massiv trainierter Muskulatur vor, also vorwiegend bei Profisportlern.
Doch obwohl es sich hier nicht um eine Hernie handelt, sind wir im Hamburger Hernien Centrum auch für Patienten mit Sportlerleiste erste Ansprechpartner. Wenn konservative Behandlungsversuche keinen Erfolg bringen, sollte eine OP zeitnah erfolgen, um eine dauerhafte Reizung der Nerven zu vermeiden.
Was ist, wenn eine Hernie diagnostiziert wird: Ist Golf mit einem Leisten- oder Bauchwandbruch tabu?
Dr. Reinpold: Solange keine Komplikationen auftreten, dürfen Sie auch mit Hernie Sport treiben. Und auch wenn Golf auf die Bauchmuskeln geht: Hier handelt es sich um eine vergleichsweise moderate Belastung, die mehr hilft als dass sie schadet. Denn gerade, wenn über kurz oder lang eine OP ansteht, sollten Sie aktiv bleiben. Je fitter Sie sind, umso besser stecken Sie den Eingriff und die Narkose weg. Vermeiden Sie jedoch extreme Belastungen, auch schweres Heben. Gewichte stemmen ist mit einer Hernie tabu – und auch die Golftasche sollte nicht zu schwer sein.
Vor einer Hernien-OP sollten extreme Belastungen und schweres Heben vermieden werden – daher sollte auch die Golftasche nicht zu schwer sein.
Warum sollten Hernien dann überhaupt operiert werden?
Prof. Niebuhr: Eine häufig gestellte Frage, denn: Eine Hernie ist harmlos – aber nur solange es nicht zu Komplikationen kommt. In seltenen Fällen können aber Bauchorgane wie Darmteile in der Bruchlücke einklemmen. Dann ist das ein absoluter Notfall, der sogar lebensgefährlich werden kann.
Dr. Reinpold: Zudem werden Bauchwandbrüche unbehandelt immer größer und beeinträchtigen so nicht nur die Ästhetik, sondern irgendwann auch die Lebensqualität der Betroffenen. Selbst wenn eine Hernien-OP also nicht von jetzt auf gleich erfolgen muss, ist sie im Laufe der Zeit ratsam. Die Brüche heilen nämlich niemals von selbst, eine OP ist die einzige Behandlungsoption.
Für welche OP-Methoden steht das Hamburger Hernien Centrum?
Dr. Reinpold: Bevor man über OP-Methoden im Detail spricht, ist wichtig zu wissen: Um Wiederholungsbrüche zu vermeiden, werden Bauchwandbrüche bis auf wenige Ausnahmen mit Kunststoffnetzen verschlossen. Hier fragen viele Patienten genauer nach. Sie befürchten, dass das Netz, immerhin ein Fremdkörper, im Bauch zu Komplikationen wie Allergien oder Verwachsungen führen kann. Im Hamburger Hernien Centrum setzen wir jedoch wann immer möglich auf moderne Verfahren, die ohne Netzeinlage innerhalb der empfindlichen Bauchhöhle auskommen.
Prof. Niebuhr: So die von uns beim Leistenbruch bevorzugte TAPP-Operation, bei der das Netz zwischen Bauchfell und Bauchwand platziert wird und so nicht mit den Bauchorganen in Kontakt kommt. Wie kein anderes steht das Hamburger Hernien Centrum zudem für das MILS-Verfahren, bei dem die Einstiche so klein sind, dass ein Nahtverschluss nicht erforderlich ist und quasi keine Narben nach der Leistenbruch OP bleiben. Um dies zu ermöglichen, haben wir gemeinsam mit der HAW Hamburg spezielle 2 Millimeter-Instrumente entwickelt und so einen Meilenstein in der Leistenbruch-Chirurgie erreicht.
Dr Reinpold: Bei anderen Bauchwandbrüchen wie beispielsweise dem Nabelbruch, Narbenhernien sowie der Rektusdiastase profitieren Sie von unserer Spezialisierung und weltweit einzigartigen Erfahrung mit der MILOS-Operation. Dabei handelt es sich um ein besonders schonendes Verfahren, das wir selbst mit einem Ärzte-Team in Hamburg entwickelt und mittlerweile auf der ganzen Welt etabliert haben. Wie bei der TAPP Operation wird das Netz hier minimal-invasiv und außerhalb der Bauchhöhle eingebracht, was vor MILOS ausschließlich bei Leistenbrüchen möglich war. Das Verfahren überzeugt mit hervorragenden Ergebnissen und extrem niedrigen Komplikations- und Schmerzraten.
Professor Niebuhr: Außerdem sind wir international führend im Bereich der Intraroperativen Faszientraktion (IFT) – eine innovative Methode „used and improved im Hamburger Hernien Centrum“, die bei sehr großen Narbenhernien nach schweren Bauchoperationen zur Anwendung kommt. Trotz langfristiger starker Beeinträchtigung der Lebensqualität vor der Operation kann die Bauchwand so rekonstruiert und stabilisiert werden, dass eine Sport -und somit auch Golffähigkeit erreicht werden kann.
Wie lange dauert es bis nach der OP wieder Sport erlaubt ist?
Dr. Reinpold: Eine der häufigsten Patientenfragen, deren Antwort oftmals überrascht. Denn nach einer Hernien-OP sind Sie schnell wieder auf den Beinen, noch am OP-Tag können Sie in der Regel wieder aufstehen. Leichte sportliche Aktivitäten sind oft schon nach sieben bis zehn Tagen wieder möglich. Rund vier Wochen nach der OP sind Sie wieder voll belastbar – und spätestens dann ist auch ein kräftiger Abschlag wieder möglich. Wir wünschen ein schönes Spiel!
Über die Autoren
Dr. Wolfgang Reinpold
Dr. Wolfgang Reinpold zählt zu den weltweit führenden Spezialisten auf dem Gebiet der Hernien- und Bauchwandchirurgie. Internationale Maßstäbe setzte er unter anderem mit der Entwicklung der MILOS-Operation – einem besonders komplikationsarmen minimal-invasiven Verfahren für Bauchwandbrüche und Rektusdiastasen. Im Jahr 2021 gründete er mit Prof. Henning Niebuhr das Hamburger Hernien Centrum, um die gemeinsame Erfahrung und Expertise aus mehr als 25 Jahren Hernienchirurgie im Sinne einer bestmöglichen Patientenversorgung zu bündeln.
Prof. Henning Niebuhr
Prof. Henning Niebuhr ist einer der international wegweisenden Experten im Bereich Hernien- und Bauchwandchirurgie. Seine besonderen Schwerpunkte und Meilensteine: Die Entwicklung der Intraoperativen Faszientraktion (IFT) zum spannungsarmen Verschluss sehr großer Hernien sowie spezielle Ultraschalluntersuchungen zur Verbesserung der Diagnosesicherheit (DIUS). 2021 schloss er sich mit Dr. Wolfgang Reinpold im Rahmen des Hamburger Hernien Centrums zusammen, um die gemeinsame Erfahrung und das Know-how aus 25 Jahren Hernienchirurgie für eine optimale Patientenversorgung zusammenzubringen.
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